In vergangenen Jahrhunderten war die Wasserkraft die Hauptquelle für den Betrieb von Maschinen wie Mühlen, Hammerschmieden, Pressen, Sägewerken, Ölmühlen, Spinnereien und Mahlwerken.
Der kantonale Kataster der öffentlichen Gewässer von 1894-96 zählt nicht weniger als neunhundert Wasserkraftmaschinen im Tessin. Laut dem anschliessenden Inventar der Betriebe, die Wasser als Antriebskraft nutzen, das zwischen 1986 und 1988 vom kantonalen Amt für ethnografische Museen gefördert wurde, waren im Gebiet von Bellinzona Ende des 19. Jahrhunderts noch 97 Wasserkraftmaschinen vorhanden.
In diesem Kontext spielt das Gebiet von Arbedo seit der Antike eine Schlüsselrolle, wie der existierende Ortsname «Morinazio», also Molinazzo (Mühle), der bereits auf Karten von 1388 verzeichnet ist, belegt (Calderari, A. 1975: Glossario del dialetto – Toponomastica e altri scritti di Vittore Pellandini). Die ersten schriftlichen Spuren der Existenz des «Roggia dei Mulini» finden sich in Dokumenten des Patrizialarchivs, die auf das Jahr 1500 zurückgehen.
Laut Vittore Pellandini (siehe «Tradizioni popolari ticinesi») verfügte Arbedo über ein unvergleichliches Erbe von insgesamt 15 Mühlen, die mit Ölmühlen, Pressen und Mahlwerken verbunden waren, sodass «das ganze Umland von Bellinzona auf die Mühlen von Arbedo zurückgriff, um Getreide zu mahlen, Nüsse zu pressen und Hirse zu verarbeiten». Daher rührt auch der Spitzname «Asini» (Esel) für die Einwohner von Arbedo, die mit den Lasttieren identifiziert wurden, die sie für den Transport der Produkte der Mühlenaktivitäten benutzten.
Die Mulino Erbetta ist die letzte noch existierende Einrichtung dieser grossen Tradition. Sie trägt den Namen des letzten Müllers des Dorfes, Gaudenzio Erbetta (1906-1993), der in den Fussstapfen seines Vaters die Mühlentradition der Familie sicherte.
Die beiden Mörser aus dem Jahr 1672, die vor der Mühle eingemauert sind, sind ein Hinweis auf die jahrhundertealte Existenz einer Mühle an dem Standort der heutigen Mühle.
Laut dem Wasserkataster vom Ende des 19. Jahrhunderts besass die Mulino Erbetta zwei Wasserräder mit einem Durchmesser von 2,40 m, die eine Fallhöhe von 3,20 m ausnutzten. Jedes Rad erzeugte eine Kraft von 2,60 Pferdestärken bei einem Wirkungsgrad von 70 %. Einige Mühlsteine dieser Anlage sind innerhalb und ausserhalb des Gebäudes vergraben.
Die traditionelle Anlage mit Steinmühlen wurde 1936 durch eine richtige halbautomatische industrielle Maschine ersetzt, die von einem leistungsstarken Eisenrad angetrieben wurde. Die Initiative für diese Investition ging von Gaudenzio Erbetta aus, der sich in dieses industrielle Abenteuer stürzte, nachdem er im November 1935 von der Kriegswirtschaftsverwaltung der Schweiz eine Zuteilung von Mais für den menschlichen Verzehr erhalten hatte.
Die Mulino Erbetta setzte ihren Betrieb bis in die 1950er Jahre fort. In den 1970er Jahren kam der Mühlenbetrieb endgültig zum Erliegen, als Herr Gaudenzio Erbetta endgültig auf die periodische und teilweise Aktivierung der Mühle zur Wartung verzichtete.
1505 | rwähnung der Suone |
1672 | Älteres Element (Stössel) in der Nähe der Mühle eingemauert |
1865 | Katasterkarte des Valle d’Arbedo mit detaillierter Darstellung der Suone |
1894/1896 | Wasser- und Maschinenkataster der Suone |
2003 | 11. März, der Kanton erkennt die Mühle und die Suone als geschützte Kulturgüter des Kantons an |
2003 | 5. Mai, (Kredit über CHF 296’200.-) Kauf der Mühle und des Müllerhauses durch die Gemeinde |
2008 | 15. April, Gründung der Stiftung Mulino Erbetta |
2010 | Frühjahr, Beginn der Restaurierung |
2010 | 7. Juli, Rückkehr der durch Bühler überholten Maschinen |
2010 | 23. November, Abholung des Rads zur Restaurierung |
2013 | 21. September, Einweihung |
Der aktuelle Komplex der Mulino Erbetta (Mühle, Müllerhaus und Suone) entspricht der industriellen Anlage, die 1936 erbaut wurde. Sie ist ein in der Schweiz einzigartiges historisches Zeugnis einer halbautomatischen industriellen Mühle. Ein Relikt der industriellen Landschaft des Kantons Tessin in einem Gebiet, das mittlerweile zu einer Wohnsiedlung geworden ist.
Aus diesen Gründen hat das kantonale Amt für Kulturgüter der «Roggia dei Mulini» und der «Mulino Erbetta» den Status eines geschützten Kulturguts auf kantonaler Ebene zuerkannt (Regierungsratbeschluss Nr. 1039, 11.03.2003).
Das vom Architekturbüro RIBO in Cadenazzo vorgeschlagene Wiederbelebungsprojekt, das von der Stiftung stark unterstützt wird, hatte als erstes Ziel eine denkmalgerechte Restaurierung der bestehenden Anlage, mit besonderem Augenmerk auf die neue kulturelle, pädagogische und touristische Ausrichtung der Infrastruktur.
Neben der Restaurierung und Wiederinbetriebnahme der Maschinen wurde besonderen Wert auf die Wiederherstellung aller Komponenten des Komplexes (Mühle, Müllerhaus und Suole) und auf die didaktischen Aspekte gelegt. Ein Hauptziel der Restaurierungsmassnahmen war die Schaffung eines didaktischen Pfades, der die Besucher durch die verschiedenen Phasen des Mahlprozesses bis zum Museum im Inneren des Müllerhauses führt. Eine Brücke (das einzige zusätzliche Element im Vergleich zur ursprünglichen Struktur) ermöglicht es, die Suole der Mühlen und das Antriebsrad von oben zu bewundern.
Die zweite Phase des Wiederbelebungsprojekts sieht in den kommenden Jahren die vollständige Restaurierung der Suole vor, von der Wasserentnahme bis zur endgültigen Einleitung nach dem Durchlauf durch die Mulino Erbetta.
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